Orthodoxie

wird gewöhnlich ĂŒbersetzt mit „rechtglĂ€ubig“ und dann verstanden als „im Besitz des rechten Glaubens“. Die Ostkirchen kennen noch ein anderes VerstĂ€ndnis: „recht lobpreisen“, womit der Anspruch verbunden ist, Gotteslob und Gottesverehrung ĂŒberhaupt auf rechte und vollkommene Weise zu vollziehen. Im Grunde meinen beide Deutungen das gleiche: aus dem rechten Glauben folgt, gewissermaßen notwendig, der rechte Gottesdienst. Beide zusammen konstituieren das eigentliche orthodoxe Leben des Christen. Um dem SelbstverstĂ€ndnis der orthodoxen Kirchen und ihrer GlĂ€ubigen gerecht zu werden und damit auch dem Anspruch ihres Zeugnisses in Vergangenheit und Gegenwart (ökumenische Bewegung), wird man diesen umfassenden Sinn des Terminus im Sinn behalten mĂŒssen. Im Sprachgebrauch des Westen bezeichnet Orthodoxie nĂ€herhin in der Regel das Kirchentum des Ostens aus byzantinischer Tradition, sowohl in den HeimatlĂ€ndern als auch in der Diaspora, im Unterschied zu den altorientalischen Kirchen, der vorephesinischen „Kirche des Ostens“ und den vorchalkedonischen der Kopten, Äthiopier, Syrer und Armenier - die sich aber selbst als „orthodox“ bezeichnen - und zu den westlichen Kirchen, der röm.-kath. und den reformatorischen. Das SelbstverstĂ€ndnis der Orthodoxie ist hier bestimmt von der Überzeugung, den christlichen Glauben und das Leben nach diesem Glauben ungebrochen und unversehrt bewahrt zu haben, in Treue zur Überlieferung, begrĂŒndet in der VerkĂŒndigung der Apostel; bewahrt und entfaltet im Zeugnis der VĂ€ter und erklĂ€rt durch die allgemeinen Konzilien. Überlieferung ist jedoch nicht nur statisch zu verstehen, sondern bedeutet in den Augen der Orthoxie die dynamische Gegenwart des Hl. Geistes in der Lehre und im Leben der Kirche. Durch sein Wirken weiß sie sich gehalten in der Einheit des einen Glaubens, der gleichen Leitung (Hierarchie) und des ungeteilten einen Lebens aus den Mysterien (Sakramenten). Von daher erhebt sie den Anspruch, allein und ohne EinschrĂ€nkung die „eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“ Jesu Christi zu sein. FĂŒr den weiteren Weg der Orthodoxie (wie auch weithin der lat. Kirche) war das Jahr 1054 entscheidend, das die im Grunde schon geraume Zeit bestehende Entfremdung zwischen Ost und West als Schisma offenbarte.