Entstehung der Universität - Universitätsgründungen

In der mittelalterlichen Geschichte der Universitätsgründungen lassen sich zwei Phasen unterscheiden:

  1. Mittelalterliche Gründungen (Universitäten "''ex consuetudine''", Auswanderungsuniversitäten, Staatsuniversitäten)
  2. Gründungsuniversitäten

Die europäische Form der Universität entstand im 12. Jhd.

1. Phase: Mittelalterliche Gründungen

Wesentlich ist, dass die Universitäten ihre spätere Gestalt nur gegen und zwischen den widersprüchlichen Interessen entwickeln konnten, was wiederum nur möglich war wegen des tief greifenden sozialen, geistigen und politischen Umschichtungsprozesses seit dem 11. Jahrundert: Die Trennung von Kirche und Staat, von Imperium und Einzelstaaten, die Ausbildung von Territorien, von genossenschaftlichen Lebensformen (v.a. in den Städten), die Erneuerung der Religiosität (Orden, Kreuzzüge). Eine wichtige Rolle spielte der mittelalterliche Freiheitsbegriff, der Freiheit nicht als Unabhängigkeit verstand, sondern als verliehenen Schutz, als Privileg.

Bislang erfolgte die Ausbildung der Akademiker in Kloster- und Domschulen, die in der Regel nur für den eigenen Bedarf ausbildeten und nur selten auswärtige Kleriker aufnahmen. Diese Schulen standen unter der direkten Aufsicht des Abtes oder des Bischofs. Im 12. Jahrundert nun entwickelten sich die Universitäten, wobei man nicht von der Vorstellung ausgehen darf, dass sie gegründet wurden - die erste reguläre Gründung durch einen Landesherrn erfolgte erst im 13. Jahrhundert, nämlich 1224 durch Friedrich II. in Neapel - sondern sie entstanden im Laufe eines ungefähr 50jährigen Prozeses, bei dem zwei Schulen eine Vorreiterrolle übernahmen: Bologna und Paris.

Das Neue an den Universitäten war, dass sie eine eigenständige Genossenschaft, einen Personenverband, mit der auschließlichen Aufgabe der akademischen Lehre, bildeten. In der Zusammensetzung dieses Personenverbandes gab es zwischen Bologna und Paris einen grundlegenden Unterschied.

  • Bologna (Jura): von der ''universitas scholarum'' gebildet, also von den Studenten, und von einem studentischen Rektor geleitet
  • Paris (Theologie und Philosophie): als ''universitas magistrorum et scholarium'' verfasst, als Genossenschaft der Lehrenden und Lernenden, wobei die Universität von den Professoren unter der Leitung des Kanzlers von Notre Dame geführt wurde.

Außerdem war auch ihre große, weitreichende und überregionale Wirksamkeit sowie die Freiheit der Studenten neu, die nun nicht mehr ans Kloster oder den Dom gebunden waren. 1155 erlässt Kaiser Friedrich I. das Scholarenprivileg für Bologna (''authentica habita''), die wandernde Studenten und Magister rechtlich schützt (da sie meist Ortsfremde waren). Es verbot z.B., sie für Schulden ihrer Landsleute haftbar zu machen. Dieses Privileg schrieb im Nachhinein einen schon seit längerem bestehenden Zustand fest, ist somit also nicht als Gründungsurkunde anzusehen. Sinnfälligster Ausdruck der akademischen Freiheit und Loslösung der Institution Universität von älteren Einrichtungen war die eigene Gerichtsbarkeit und der eigene Gerichtsstand der Universität.

Bis zum Jahre 1200 traten noch Oxford, Montpellier und Salerno hinzu, bis um 1230 noch Reggio (Emilia), Vicenza, Arezzo, Padua, Neapel, Vercelli, Toulouse, Orleans, Angers, Cambridge, Valencia und Salamanca.

2. Phase: Gründungsuniversitäten

Die Epoche der Gründungsuniversitäten steht unter dem Zeichen der weiter erstarkten Territorial- und Stadtgewalten.

  • 1348 gründete Kaiser Karl IV. in Prag, seiner bevorzugten Stadt, die erste Universität im Heiligen Römischen Reich
  • noch im selben Jahrhundert folgten Wien (1365), Heidelberg (1386), Köln (1388) und schließlich Erfurt (1392).

Vorbilder waren die Schulen in Paris und Bologna. Die Universitäten erhielten den Rechtsstatus eigenständiger Korporationen mit der Befugnis, Satzungen zu erlassen und ihr Vermögen zu verwalten. Dabei unterstanden sie der Aufsicht der Landesherrschaften. Kaiser hatten Interesse an Universitäten, um geeigneten Nachwuchs für ihre Administration heranzuziehen.

Die Privilegierung durch die Kurie war notwendig, weil die Bedeutung der Universitäten für die Klerikerbildung zunahm; so bestätigte Papst Clemens VI. 1347 Karl IV. die Gründung der Universität in Prag (die nach dem Vorbild Paris' organisiert war). Die Gesamtheit der Universitätslehrer und Studenten war nach Nationen und Fakultäten geordnet.

Wesentlich für diese Epoche sind häufigere Eingriffe durch die Gründer, eine Institutionalisierung der Hochschulen (die Privilegien wurden jetzt direkt an die Hochschulen, Pfründe also nicht mehr an die Dozenten vergeben, sondern an Lehrstellen gekoppelt, wodurch sich u.a. der allg. Lehrplan entwickelte). Dies bedeutete einen Verlust des studentischen Einflusses und, parallel dazu, die Schmälerung der Universitätsselbstverwaltung. Ein fundamentales Merkmal der frühen Hochschule, nämlch eine Universitas aller Mitglieder (auch Studenten) zu sein, wurde damit wenigsten teilweise beseitigt.

Septem Artes Liberales

Die Lehre zielte auf die mündliche Verbreitung des Wissens ab; Magister lasen aus den Büchern. Die Hauptleistung der Studenten war also das Lernen und Merken der vermittelten Inhalte. Lehrsprache war Latein, Inhalt und Methode folgten der Scholastik.

Das "Grundstudium" baute auf den ''septem artes liberales'' (die sieben freien Künste) auf.

Trivium
Grammatik, Rhetorik, Dialektik (=baccalaureus artium)
Quadrivium
Musik, Geometrie, Arithmetik, Astronomie (=magister artium)

Nach dieser Grundausbildung konnte Jura, Theologie oder Medizin studiert werden.