Landesherrschaft

Die mittelalterliche Quellensprache kennt weder den Begriff Landesherrschaft, noch den der Landeshoheit. Erstmals mit dem WestfĂ€lischen Frieden 1648 wird „Landeshoheit“ als LehnĂŒbersetzung verwendet, um dann ein SchlĂŒsselbegriff der Staatslehre des Alten Reiches zu werden. Über den Begriffsinhalt jedoch herrschte Unklarheit. Auch nach dem Zusammenbruch des Alten Reiches verloren sich die Begriffe Landeshoheit und sein (im 18. Jh. entwickeltes) Pendant Landesherrschaft nicht aus dem historischen Schrifttum. Jedoch mit dem Ausgang des 19. Jh. wurden sie zu den SchlĂŒsselbegriffen, mit denen die Staatlichkeit dt. FĂŒrstenherrschaft im MA erklĂ€rt werden sollte. Man hoffte, den Begriff Landeshoheit auf frĂŒhere Zeiten anwenden zu können, weil damit nur terminolog. exakt benannt werde, was bereits seit dem 12. Jh. im Begriff „princeps terrae“ angelegt gewesen sei. Erstaunlicherweise hat die Forsch. keinen Konsens ĂŒber den Inhalt der beiden Begriffe erzielt. Über folgende TatbestĂ€nde dĂŒrfte trotz aller „terminologischen Irrsal“ Einigkeit bestehen: Landesherrschaft bezeichnet zunĂ€chst keine Gebietsherrschaft. Sie kennt - durch Wildbannschenkungen seit dem 10. Jh. vorgegeben - nur ein flĂ€chenmĂ€ĂŸig zu definierendes Herrschaftselement, den umgrenzten Forst. Das war angesichts der Entwicklungsmöglichkeiten, insbesondere im Zuge der Binnenkolonisation (Landesausbau und Kolonisation), ein wichtiges, v. a. ein entwicklungsfĂ€higes Herrschaftsrecht, aber nur eines unter mehreren. Die Gerichtsbarkeit, nach Ă€lterer Lehre Mittelpunkt der Landesherrschaft, enthielt nicht von vornherein Elemente einer Gebietsherrschaft. Die mittelalterliche KontinuitĂ€t der Landesherrschaft liegt in den personalen Beziehungen, die diese zu Land und Leuten, zum Adel und zu kirchlichen Gemeinschaften entwickelte. Erst unter Lockerung dieser personalen Bindungen mit dem Neuansatz der Landessteuer im 15. Jh., die notwendigerweise eine Tendenz zur FlĂ€chenherrschaft ebenso wie zur Bildung von UntertanenverbĂ€nden hatte, konnte das mittelalterliche FĂŒrstentum Wegbereiter neuzeitlicher Staatlichkeit werden.