Reichskirche
Reichskirche bezeichnet im wissenschaftlichen Sprachgebrauch einen Teil der universalen Kirche, der in eine bestimmte politische Ordnung einbezogen und der besonderen Autorität des jeweiligen Herrschers unterworfen war. Von der Reichskirche in diesem weiteren Sinne zu unterscheiden ist der Quellenterminus „ecclesia regalis“, der im Singular und Plural die einzelnen unter dem Schutz bzw. im Besitz von König und Reich stehenden, seit dem SpätMA als reichsunmittelbar geltenden Kirchen bezeichnet und als Gattungsbegriff auch wissenschaftliche Verwendung findet. Das politische Phänomen der Reichskirche trat zuerst im Imperium Romanum zutage, als Konstantin der Große und die weiteren christlichen Kaiser die Kirche innerhalb der Reichsgrenzen zu privilegieren begannen, ihre Bischöfe zu Konzilien versammelten und eine kaiserliche Gesetzgebung in kirchlichen Dingen durchsetzten, während sich die Bistumseinteilung den staatlichen Provinzen anglich. In dieser Tradition stand die Kirche im Byzantinischen Reich. Durch Karl den Großen gelangte die karolingische Reichskirche, nun wieder Papst und Kaisertum einbeziehend, auf den Gipfel ihrer Ausdehnung und Intensität. Davon ausgehend wurde die königliche Kirchenhoheit - mit vielen Abstufungen - zum Gemeingut des mittelalterlichen Europa (mit dem römisch-deutschen Reich der Ottonen und Salier an der Spitze sowie in England und auch bei den später christianisierten Völkern, soweit sie zu eigener politischer Organisation fanden). Trotz grundsätzlicher Vorbehalte gewährten die Päpste des Hoch- und SpätMA durch Konkordate u. ä. Abmachungen verschiedenen Reichskirchen ein gewisses Maß an rechtlicher Anerkennung. In den Krisen des Abendländischen Schismas und des Konzils von Basel fiel die Parteinahme der einzelnen Reichskirchen und ihrer Herrscher wesentlich ins Gewicht.