Entstehung und Entwicklung des Kirchenstaates

Kirchenstaat = weltliche-politische Herrschaftsgebiet des Papstes, das 756 durch die Pipinnsche Schenkung aus den LĂ€ndereien des Bischofs von Rom (''Patrimonium Petri'') entstand, vorher: Rom als byzantinisches Dukat. Dieser Staat war ein Staatenverbund, der im Laufe des Mittelalters von Rom und Latium ausgehend durch Schenkungen immer grĂ¶ĂŸere Teile Mittelitaliens bis hin zur Adria umfasste. DarĂŒber hinaus gehörten zwei sĂŒditalienische, von neapolitanischen Gebieten umschlossene Exklaven (Benevent und Pontecorvo) zum Kirchenstaat.

WĂ€hrend dem 8.Jhd. verschiedene Probleme mit Byzanz, außerdem Druck der Langobarden auf Mittelitalien; Anspruch auf Regierung ĂŒber fast ganz Italien, ohne tatsĂ€chliche Machtbasis. Durch die von Papst Gregor I. durchgefĂŒhrte Reform und den Wechsel zu einer Zentralverwaltung, bekam das ''Patrimonium Petri'' viel mehr den Charakter eines Herrschergebildes. Unter Berufung auf die angebliche Urkunde Konstantins des Großen (~280-337), die Konstantinische Schenkung, erhoben die PĂ€pste Anspruch auf eine unabhĂ€ngige geistliche und weltliche Landesherrschaft. Diese Urkunde ist eine zwischen 750 und 850 entstandene FĂ€lschung; Konstantin d. G. bestĂ€tigt darin das Primat des Papstes, ĂŒbertrĂ€gt ihm den Lateran, kaiserliche Hoheitszeichen, und Provinzen und Orte Roms und aller westlichen bzw. italischen Regionen. 1440 erwies sich die Urkunde endgĂŒltig als FĂ€lschung.

BegrĂŒndung des Anspruchs:

  1. pastoraler Wunsch ĂŒber geistliches und soziales Wohlergehen des Volkes zu wachen
  2. Ausdehnung kirchlicher AktivitÀten auf weltlichen Bereich (z.B. karitativ)
  3. ideologischer Anspruch, reprÀsentiert durch ''Konstantinische Schenkung''

Pippinsche Schenkung bzw. Promissio Pippini

  • 751 Pippin zum König der Franken gewĂ€hlt, BestĂ€tigung dessen durch Papst Zacharias
  • 754 Schutzgesuch des Papstes Stephan II. an Pippin: Abwendung von Byzanz und Gegenleistung der Franken gefragt, dafĂŒr dass die Karolinger nun als Königsgeschlecht bestĂ€tigt waren
  • 756 bekommt der Papst den Exarchat, die Pentapolis- Rimini, Pesaro, Fano, Senigallia, Ancona- und den Dukat von Rom, = byzantinische Gebiete, die von Langobarden erobert wurden; Langobardenkönig Aistulf muss die Eroberungen an den Papst ĂŒberschreiben.

9.Jhd.: frÀnkischer Schutz besteht nicht mehr; Kirchenstaat wird stÀrker und unabhÀngiger.

10.Jhd.: 962 ''Privilegium / Pactum Ottonianum'' zwischen Papst Johannes XII. und Kaiser Otto I. (=BestÀtigung der Pippinschen Schenkung und somit der Existenz des Kirchenstaates, im Gegenzug hat der Papst dem Kaiser vor seiner Weihe einen Treueeid (z.B. vor kaiserlichen Gesandten) zu leisten; Wahl des Papstes zudem durch Volk und Klerus von Rom. SpÀter: Zustimmung des Kaisers vor der Papstwahl.

12.Jhd.: Lehenswesen eingefĂŒhrt, Ausweitung des Besitzes; Herrschaft direkt durch den Papst, aber auch indirekt durch Vasallen und Kommunen. Staufer sind kurzfristig Garanten des Kirchenstaates, aber bald wieder Bezug auf ursprĂŒngliche Privilegien der Karolinger fĂŒr rechtliche und territoriale AnsprĂŒche

13.Jhd.: VerĂ€ußerungen und BĂŒndnisse gegen Friedrich II. gefĂ€hrden UnabhĂ€ngigkeit

14.Jhd.: Exil in Avignon (1305-78), trotz nur indirekter Herrschaft in Italien bleibt Teil pÀpstlicher Macht erhalten AbendlÀndisches Schisma bedeutet Verlust vieler Territorien und den fast völligen Zusammenbruch zentraler AutoriÀt

15.& 16. Jhd.: grĂ¶ĂŸte Ausdehnung im 15. Jhd. unter Papst Julius II. Verlust der Territorien, gefolgt von Wiederherstellungen. Bestand endlich bis 1527.