MorgenlÀndisches Schisma

Einheit des christlichen Glaubens geht zwischen byzantinischer (griechisch-orthodoxer) und römischer (römisch-katholischer) Tradition verloren. Höhepunkt sind polemische Auseinandersetzungen im Jahr 1054 um dogmatische, liturgische und disziplinÀre Einzelfragen und das endgpltige Zerwprfnis zwischen dem römischen Papst und dem Patriarchen von Konstantinopel.

Die Entfremdung zwischen Ost- und Westkirche hat tiefreichende kulturelle und politische Wurzeln. Der Desintegrationsprozess dauert seit dem 5. Jhd bis zum 15. Jhd an.

VerhÀltnis beider "Kirchen" im Verlauf der Geschichte

  • 324 wird Konstantinopel zum Kirchenzentrum
  • Zeit zwischen 337 (Tod Konstantins) und 843 (definitive Rezeption des 7. ökumenischen Konzils in Konstantinopel): sechs gemeinsame Konzilien der Lateiner und Byzantiner
  • verstĂ€rkte Spaltungstendenzen nach Kaiserkrönung Karls des Großen im Jahr 800 durch Leo II.

  • Photius-Schisma ab 857

  • Der byzantinische Kaiser Michael III. hatte den Patriarchen Ignatius abgesetzt und an seine Stelle trat der Theologe Photius (861 in Konstantinopel auch von den Legaten des Papstes anerkannt). Papst Nikolaus I. berief jedoch ein zweites Konzil 862 in Rom ein, das Photius absetzte und vermittelte diesen Entscheid im Ton eines absoluten Herrschers nach Konstantinopel, wo er von Patriarch und Kaiser ignoriert wurde.
  • Photius' Engagement in der Slawenmission Kyrill und Method fĂŒhrt zu Streit um den Filioque-Zusatz in dessen Folge er Nikolaus I. exkommunizierte.
    • Filioque-Zusatz: Zusatz zum Glaubensbekenntnis: "...Wir glauben an den Heiligen Geist / der Herr ist und lebendig macht / der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht...", Karl der Große beschuldigte Byzanz diesen Zusatz entfernt zu haben.
  • Absetzung Photius' 897 nach dem Tod Nikolaus I.
  • Rehabilitation Photius' 879, Versöhnung mit Rom (Johannes VIII.)
  • Kompromiss: römisches Primat fĂŒr den Westen, fĂŒr den Osten pĂ€pstliche Jurisdiktion abgelehnt

  • Schisma von 1054

  • Michael Cerularis ab 1043 Patriarch von Konstantinopel
    • VerschĂ€rfung der GegensĂ€tze zwischen östlicher und westlicher Kirche, Glaubensunterschiede
  • keine unbedingte UnterstĂŒtzung der Byzantiner gegen die einfallenden Normannen durch römische Kirche
  • gegenseitige Exkommunikation des Papstes (Leo IX.) und des Patriarchen (Cerularis)
    • Papsttum exkommuniziert damit die gesamte griechische Kirche
    • Exkommunikation des Papstes als RĂŒckschlag des byzantinischen Patriarchen
  • Bruch weiterhin durch z.B. die PlĂŒnderung Konstantinopels wĂ€hrend des 4. Kreuzzugs 1204

  • bis ins 17. Jhd. Sakramentengemeinschaft und gegenseitige Anerkennung der römisch-katholischen und griechisch-orthodoxen Kirche

  • 1729 endgĂŒltige Trennung
  • die gegenseitige Exkommunikation wurde erst 1965 aufgehoben

Ursachen fĂŒr die Entfremdung beider Kirchen

Neben theologischen Differenzen waren die kirchenpolitischen Faktoren und der territoriale Einflußbereich in Europa entscheidender fĂŒr die Trennung.

  • progressives Wachstum der pĂ€pstlichen AutoritĂ€t in Rom
  • GrundsĂ€tzliche Akzeptanz der Vorrechte Roms ĂŒber Byzanz als ursprĂŒngliche Hauptstadt des Reiches
  • aber Ablehnung der RechtsansprĂŒche Roms (vor allem unter Leo IX. und seinen Nachfolgern)
  • innerkirchliche HerrschaftsansprĂŒche des Reformpapsttums

  • Ablehnung des byzantinischen Caesaropapismus (weltliches und geistliches Oberhaupt in einer Person vereint) in Rom

  • Unterschiedliches Dogma: Stellung des Heiligen Geistes, Dreifaltigkeit, ErbsĂŒnde (durch Eva / Adam), Jesus als Opfer oder als Sieger, Zölibat im Westen, Erlösungsgedanke

  • NormanneneinfĂ€lle in das bisher byzantinische SĂŒditalien und Griechenland

  • Rom kommt nicht zur Hilfe

  • KreuzzĂŒge, insbesondere die PlĂŒnderung Konstantinopels im 4. Kreuzzug (1204)

  • Expansion Ungarns, Polens und des Deutschen Ordens in Gebiete von Kirchen byzantinischer Tradition und die dortige Christianisierung der Heiden

  • GefĂŒhl der Griechen, bei der sogenannten TĂŒrkengefahr von Rom im Stich gelassen worden zu sein

  • Auseinanderentwicklung

  • sprachlich: Griechisch / Latein
  • kulturell: Römer=ungebildet, barbarisch, Griechen=hochnĂ€sig, spitzfindig; Bildung Römer: juristisch, politisch, Griechen: naturwissenschaftlich, philosophisch
  • politisch
  • theologisch: römische Scholastik; Dogma, Riten; geringer Austausch begĂŒnstigt die Entfremdung